Inflation, weltweite Zinserhöhungen, Kriege, Rezession: was ändert sich gerade in der Welt der Geldanlage?
Die Post-Corona-Inflation als eigentlicher Game Changer
Die Medien überschlagen sich mit Berichten zur aktuellen Inflation und wie hoch sie in diesem Jahr noch ausfallen könnte. Eine geringe Inflation von 2% (die vor einigen Monaten noch als unerreichbar hoch erschien) ist zwar gesund, weil sie Konsumenten und Unternehmen dazu drängt, eher heute als morgen zu kaufen bzw. zu investieren. Eine Inflation von zuletzt 8,5% (USA) oder 7,8% (EU) im März 2022 sorgt jedoch dafür, dass jeder diese Preissteigerungen auch im Alltag spürt.
Der negative Effekt: Arbeitnehmer/innen fordern einen höheren Lohn, Unternehmen leiden unter entsprechend höheren Kosten und müssen Preise anheben, um diese zu kompensieren. Das kurbelt die Inflationsspirale weiter an. War die Inflation zu Beginn der Aufwärtsbewegung noch als „vorübergehend“ bezeichnet worden, verfestigte sie sich immer weiter durch weiterhin gestörte Lieferketten sowie Deglobalisierungseffekte und wurde schließlich durch den Ukrainekrieg final befeuert.
Reicht die Macht der Notenbanken? Die Angst vor Stagflation geht um.
Die vermeintliche Lösung: Die Notenbanken heben Zinsen an, um das Konsumenverhalten zu drosseln und das Investitionsvolumen der Unternehmen zu verlangsamen, damit die Nachfrage reduziert wird und die Preise nicht mehr so stark steigen.
Die US-Notenbank FED hat den amerikanischen Leitzins in ihrer Sitzung vom 04. Mai 2022 um 0,50% auf 0,75-1,00% angehoben. Zudem sollen zukünftige Zinserhöhungen ebenfalls in 0,50%-Schritten erfolgen. Von der Europäischen Zentralbank (EZB) wird nun ebenfalls erwartet, dass sie schneller als bisher gedacht die Zinsen anhebt.
Doch das ist ein zweischneidiges Schwert: einerseits muss die Inflation bekämpft werden, andererseits schaden höhere Zinsen aufgrund geringerer Investitionen der Wirtschaft. In dieser Konstellation wird häufig auch die Stagflation als Mischung aus Stagnation und Inflation genutzt.
Welche Konsequenzen hat das auf die Geldanlage?
Gegenwind von allen Seiten.
Tatsächlich ist ein stagflationäres Szenario das schwierigste Umfeld für Investoren, da die größten liquiden Assetklasse, nämlich Anleihen und Aktien, tendenziell schlecht abschneiden. Das liegt in der Natur der Sache: wenn wir uns auf Unternehmen als Kernelement unseres Vermögensaufbaus konzentrieren, die weltweite Wirtschaft jedoch unter „hohen“ Zinsen und entsprechend geringem Wachstum leidet, fallen Renditen nicht vom Himmel.
Das ist allerdings nichts neues: bereits zu Beginn des Jahres hat JP Morgan Asset Management, ein Teil der weltgrößten Investmentbank JP Morgan Chase, seine Projektionen für zukünftige Renditen vieler Assetklassen publiziert (hier). Interessanterweise wiesen sie zu diesem Zeitpunkt darauf hin , dass aufgrund hoher Bewertungen an den Aktienmärkten die zukünftigen Renditen im mittleren einstelligen Bereich geringer ausfallen dürften als in der Vergangenheit.
Über den Tellerrand schauen?
Schnell werden Stimmen laut, die andere Renditequellen bevorzugen. Was kommt hierfür in Betracht?
Rohstoffe:
Rohstoffe sind nicht zuletzt selbst Auslöser einer Inflation, da ihre Preissteigerungen in die Inflationsberechnungen einfließen. Wir alle merken, dass sich die Preise für Lebensmittel, Benzin oder Gas verteuern.
Gold und andere Edelmetalle:
Gold als Krisenwährung in das Portfolio aufzunehmen, klingt zunächst logisch. Als Gegenpol zu dem der Inflation ausgesetzten Papiergeld wird Gold als Hort des Kaufkraftschutzes gesehen.
Kryptowährungen:
Auch wenn die Performance der Kryptomärkte gezeigt hat, dass sie eher als risikoreiche „Geldanlage“ anstatt eines Inflationsschutzes bislang gesehen werden, ist eine „fundamentale“ Analyse schwierig. Dementsprechend sind aber auch zukünftige Renditen möglich, sagen Befürworter, speziell wenn das „alte Geldsystem“ von der Inflation angegriffen wird.
Immobilien:
Immobilien werden oft als Inflationsschutz („Betongold“) angeführt, weshalb dedizierte Investments in bspw. REITs interessant sein könnten.
Ein Überblick von dem Asset Manager SCHRODERS zeigt die historische Performance einzelner Assetklassen in diesem Zusammenhang (Szenario „Stagflation“):
Während Aktien (US Equities) und Anleihen („US Treasuries“ und „US T-Bills“) am schlechtesten abschneiden, profitierten Rohstoffe („Commodities“) und Gold am meisten. Solltest Du in sie investieren?
Es kann – in bestimmten Fällen, die wir uns gleich anschauen – möglich sein, dass diese zusätzlichen Assetklassen als Beimischung für Dein Portfolio interessant sind. Der wichtigste Aspekt für den langfristigen Vermögensaufbau ist jedoch, dass Deine Investments einen Ertrag erwirtschaften. Dieser Ertrag stellt sicher, dass Dein eingesetztes Geld sich langfristig vermehrt.
Was kann ich konkret tun, um mein Vermögen wachsen zu lassen?
Die Systematik ist entscheidend
Die Grundprinzipien des erfolgreichen Wirtschaftens bleiben trotz aller Unruhen gleich: weltweit erhalten die Firmen Kapital (Geld), die dieses Kapital zu einem angemessenen Preis am wahrscheinlichsten vermehren. Sobald Firmen dieser Grundregel nicht mehr folgen, wird ihnen das Kapital entzogen und anderen Firmen, die rentabler mit diesem Kapital umgehen, überlassen.
Firmen nutzen Kredite und das Geld ihrer Eigentümer, um neue Projekte und Wachstum zu finanzieren. Als Investoren geben wir ihnen daher dieses Geld als Kredite (Anleihen) oder werden Eigentümer, indem wir ihre Aktien kaufen.
Alle oben genannten Assetklassen können zwar zwischenzeitlich bessere Renditen erwirtschaften, doch langfristig ist die Wahrscheinlichkeit geringer, Vermögen aufzubauen, als wenn Du das Geld der produktiven Wirtschaft überlässt. Anders gesagt: einem Edelmetall ist es egal, ob Dein Geld vermehrt wird oder nicht – einem CEO der ca. 9’000 börsennotierten Unternehmen ist es hingegen sehr wichtig, da sein Job an dieser Performance hängt.
Beschäftige Dich mit Deinen Finanzen und allokiere Dein Geld so, dass Du Deine Risikotoleranz einerseits ausschöpfst, aber nicht überschreitest. Einen einfachen Test, um Deine Risikotoleranz festzustellen, findest Du hier .
Das Nutzen von weiteren Assetklassen (bspw. den oben beschriebenen) kann zwar kurzfristig rentabel sein, langfristig werden diese Investments Dich aber voraussichtlich Geld kosten. Betrachte sie also als mögliche (leider unzuverlässige) Versicherung, die die Diversifikation Deines Portfolios erhöhen kann.
Wenn Du wissen möchtest, wie Du Deine Finanzen bzw. Dein Vermögen systematisch strukturieren und investieren kannst, schau Dir unsere beispielhaften Pfennigfabriken an.