Zusammenfassung:
– Sachwerte unterscheiden sich vor allem dadurch, dass sie einen eigenen inneren realen Wert besitzen, während Geldwerte auf dem Versprechen von Zinszahlungen beruhen
– In Zeiten von Inflation werden Sachwerte gesucht, deren Wert mit der Inflation steigen kann.
– Die beliebtesten Sachwerte sind Aktien, Immobilien und Gold.
– Während Sachwerte langfristig vor Inflation schützen (können), ist dieser Schutz nicht zuverlässig. Auch in der aktuellen Phase schneiden verschiedene Sachwerte nicht gut ab, da höhere Zinsen ihre Bewertungen drücken.
– Das Paper von Andrew Ang findet sogar heraus, dass kurzfristige Staatsanleihen einer der besten Inflationsschutze ist, da sich die Zinsen schnell an die Inflation anpassen.
– Am wichtigsten ist die langfristige Anlagestrategie, die sich nach konkreten Anlagezielen und dem eigenen Risikotyp richten sollte.

Sachwerte vs. Geldwerte – wo liegen Unterschiede?

Liquiditätsschwemme nach der Finanzkrise 2009

Als die Notenbanken nach der Finanzkrise 2009 begannen, massiv Liquidität in die Märkte zu pumpen, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen, begann die Furcht vor einer irgendwann einsetzenden Inflation. Doch selbst bis zur Corona-Pandemie 2020, als die Schleusen nochmals deutlich weiter geöffnet wurden, war Deflation, also die negative Inflation, das viel wahrscheinlichere Szenario als Inflation. Trotzdem war die Gewissheit da, dass die aufgestaute Liquidität, die ihren Weg vielmehr in die Kapitalmärkte statt in die Realwirtschaft fand und überall für steigende Preise (bzw. Kurse) sorgte, irgendwann für eine hohe Inflation sorgen würde.

Das Problem von Geldwerten

Mit Geldwerten sind meisten verzinste Geldanlagen gemeint. Dazu zählen für die meisten Privatanleger Sparbücher, Tagesgeldkonten, aber auch das klassische Girokonto. Die wohl größte, jedoch unter Privatanlegern kaum Beachtung findende Geldanlage im Sinne eines Geldwertes sind Anleihen. Sie funktionieren wie ein Kredit: wird eine Anleihe gekauft, ist der investierte Betrag bis zum Laufzeitende dort gebunden und wird am Ende zurückgezahlt. In der Zwischenzeit werden Zinsen ausgeschüttet.

Wo ist nun das Problem bei Geldwerten, wenn die Inflation steigt? Grundsätzlich kann bei Geldanlagen zwischen zwei Renditequellen unterschieden werden:

  1. (Steigende) Ausschüttungen wie Zinsen oder Dividenden
  2. Wachstum des eingesetzten Kapitals

Bsp.: Wer eine Aktie kauft, kann sowohl auf…

  1. wachsende Dividenden als auch auf
  2. Kurssteigerungen hoffen. Beide zusammen ergeben die Gesamtrendite.

Bei Geldwerten ist jedoch beides fixiert: sowohl die Zinszahlungen werden (in den meisten Fällen) von vornherein festgelegt und können bei steigender Inflation keinen zusätzlichen Ausgleich mehr bieten. Und auch der ursprünglich investierte Betrag bleibt derselbe und wird am Ende der Laufzeit zurückgezahlt.

Die Suche nach Substanz führte zu Sachwerten

Gegenwind von allen Seiten.

Die vermeintliche Lösung: Sachwerte. Wenn Geld irgendwann nicht mehr wert sein wird, helfe es nur, in Substanz in Form von Sachwerten zu investieren, deren Wert mit der Inflation steigt und somit einen Inflationsschutz bietet. Mit Sachwerten sind Geldanlagen gemeint, hinter denen echte, reale Werte stehen und keine Geldvermögen („Nominal- oder Geldwerte“). Zu diesen Geldvermögen gehören vor allem Bargeld oder Einlagen bei der Bank sowie Anleihen.

Sachwerte umfassen hingegen

  • Aktien
  • Immobilien
  • Rohstoffe (Öl, Gas, …)
  • Edelmetalle (Gold, Silber, …)
  • Alternative Investments wie Private Equity, Infrastrukturinvestitionen und Wald

Einige schreiben auch Kryptowährungen einen Wert zu, da die Technologie ebenfalls ein reales Asset und bspw. mit Gold vergleichbar sei.

Welche Sachwerte sind für Privatanleger interessant?

Anlegers Lieblinge…

Besonders Aktien und Immobilien haben sich in den vergangenen Jahren immer größerer Beliebtheit bei Privatinvestoren erfreut: Aktien sind vor allem aufgrund ihres leichten Zugangs einfach zu integrieren gewesen. Aber auch das deutsche „Betongold“ war interessant, um das eigene Erspartes sinnvoll zu investieren – auch wenn das hieß, in eine selbst genutzte Immobilie zu „investieren“.

Rohstoffe hingegen standen bei wenigen Anlegern auf der Prioritätenliste – sicherlich auch aufgrund der mittelmäßigen Renditen der letzten Jahre, insbesondere im Vergleich zu den letztgenannten. Auch die mitunter komplexe Preisbildung ist ein Faktor, der hier berücksichtigt werden muss. So sind Rohstoffe weiterhin kaum in den Portfolios von Privatanlegern zu finden, wenngleich es auch hier börsengehandelte Investmentmöglichkeiten wie ETCs gibt.

Der klassische Inflationsschutz „Gold“ legte zu Beginn der 2010er Jahre deutlich zu, da durch die damals erfolgte Liquiditätsschwemme in Folge der europäischen Staatsschuldenkrise die Furcht vor Inflation und fehlendem Vertrauen in Staatsschulden abermals aufflackerte. Goldhändler berichteten auch 2020, dass Gold sehr gefragt war – wohl auch, weil große Teile der Bevölkerung die hohen Summen, die zur Stützung der Wirtschaft in die Märkte flossen, mit baldiger Inflation verbanden.

Nun ist sie da, die große Inflation. Zeit, um eine erste Bilanz zu ziehen, wie gut die Strategie der Sachwerte aufgegangen ist. Die Phase der hohen Inflation begann bereits im Jahr 2021, als diese noch als vorübergehend bezeichnet wurde, da die Gründe insbesondere in Steuererleichterungen aus 2020 gesehen wurde und den Ausgleich für die teilweise Deflation in diesem Jahr darstellte.

Wie gut haben Sachwerte gegen Inflation geschützt?

Nicht alle Aktien haben sich gegen die aktuelle Inflation behaupten können.

Aktien hatten seit 2021 weiterhin Rückenwind, insbesondere da die Zinsen von den Notenbanken niedrig gehalten wurden und Tech-Unternehmen weiterhin die großen Indizes anführten. Seit diesem Jahr hat sich das geändert: Notenbanken scheinen sich vermehrt auf die Inflationsbekämpfung als auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu konzentrieren.

Höhere Zinsen haben jedoch zu einer Neuordnung in der Aktienwelt geführt: defensive Werte, denen auch eine gewisse Preissetzungsmacht zugeordnet werden kann und deren Gewinne vornehmlich bereits vorhanden sind, können höhere Preise gut weitergeben und eigene Gewinne steigern. Unternehmen jedoch, die hoffentlich in Zukunft große Gewinne abwerfen werden (bspw. innovative Growth-Unternehmen), haben einerseits noch keine allzu große Preissetzungsmacht und leiden insbesondere unter höheren Zinsen, die oftmals auf höhere Inflationsraten folgen.

Immobilien robust – die Ruhe vor dem Sturm?

Immobilien haben parallel zu Aktien weitere Preisrekorde gebrochen. Der Immobilienindex für deutsche Immobilien erreichte bis zuletzt Rekordhochs. Dennoch sprechen viele Banken und Beratungshäuser von einer zukünftigen Stagnation der Immobilienpreise, da das Mieterhöhungspotential ausgeschöpft sei und höhere Preise kaum noch in Form von Mieten weitergereicht werden könnten.

Höhere Zinsen würden zudem die Bewertung von Immobilien, ähnlich wie bei Aktien, eher drücken. Eine selbstgenutzte Immobilie wird zukünftig vor Inflation schützen, sofern sich das eigene Gehalt an die Inflation anpassen kann und die Finanzierungsrate verhältnismäßig an Wert verliert. Insgesamt sind kaum Effekte bei Immobilien zu sehen, allerdings können diese auch nicht tagtäglich wie bei Aktienkursen beobachtet werden. Trotz hoher Inflation werden Immobilien voraussichtlich nicht in ähnlichem Maße steigen.

Rohstoffe die bisherigen Gewinner (und Verursacher) der Inflation

Die hohe Inflation kommt 2021 und auch in 2022 u.a. durch höhere Öl- und Gaspreise zustande. Selbstredend sind Rohstoffpreise, die über ETCs abgebildet werden, im Zuge der Inflation ebenfalls stark gestiegen. Rohstoffe konnten in diesem Fall also sehr gut die Inflationsraten ausgleichen.

Auf diese Sachwerte kannst Du zukünftig achten

Die aktuelle Marktmeinung

Haben die oft angedachten Inflationsschützer Aktien und Immobilien ausgedient? Die weit verbreitete Argumentation für die Zukunft lautet:

  • wir werden ein Jahrzehnt höherer Inflation mit entsprechend höheren Zinsen erleben
  • dies spricht gegen Geldwerte wie Anleihen und weiterhin für Sachwerte
  • wir werden eine Zweiteilung bei Aktien sehen, mit einem Vorteil von gestandenen Value-Unternehmen gegenüber Wachstumsunternehmen, da diese nicht so stark auf Finanzierungen angewiesen sind
  • außerdem werden wir ein Jahrzehnt der Rohstoffe sehen, deren Preissteigerungen maßgeblich für die Inflation selbst verantwortlich sind. Gold dürfe als Inflationsschutz sowieso nicht fehlen
  • Immobilien stünden vor einer möglichen Korrektur, da die hohen Hauspreise bei gleichzeitig hohen Zinsen nicht mehr bezahlbar seien
     

Das Problem bei dieser Einschätzung ist, dass dieses erwartete Szenario in vielen Preisen enthalten ist. Einzige Ausnahme bildet hier evtl. der Immobilienmarkt, der aufgrund der geringen Liquidität eher zeitverzögert reagiert.
Wer genau nach dem o.g. Muster sein Portfolio ändert, wird nun also Anleihen zu tiefen Kursen verkaufen und dafür Value-Aktien sowie Rohstoffe und Gold auf vergleichsweise hohen Kursen einkaufen. Genau das also, was wir als Anleger nicht tun sollten.

Auch wenn wir Erwartungen an die Zukunft haben, tun wir gut daran, uns an grundsätzlichen Gegebenheiten zu orientieren anstatt an aktuellen Wirtschaftsprognosen. Prognosen sind meistens nicht korrekt und helfen uns daher wenig bei der Investmentstrategie.

Tipps für Deine Geldanlage

Folgende Tipps für die zukünftige Geldanlage kannst Du Dir für Deine Pfennigfabrik trotzdem mitnehmen:

  1. Tor „Eiserne Reserve“: das Tagesgeld ist hier trotz Inflation die richtige Anlage, denn es kommt darauf an, kurzfristig verlässlich an das Geld heranzukommen. Einen Teil kann man in inflationsindexierte, kurzfristige europäische Anleihen investieren, wenn man von noch höherer Inflation als aktuell erwartet ausgeht.
  2. Tor „Sparziele“: die Anlagestrategien ändern sich nicht, denn die aktuell auftretenden Verluste werden mit der Zeit (insbesondere bei Anleihen) aufgeholt, weil zum Laufzeitende die ursprünglich investierten Beträge wieder zurückgezahlt werden. Auch höhere Zinsen werden sich schrittweise in höheren Anleihezinsen widerspiegeln und den Zinseszins verstärken.
  3. Tor „Konsum“: die Konsumausgaben werden voraussichtlich steigen und weniger für den Bodensatz übrig lassen. Schau Dir an, ob Du dem entgegenwirken kannst, indem Du ein Haushaltsbuch führst und Einsparpotentiale identifizierst.
  4. Tor „Bodensatz“: Die Aktienmärkte werden wahrscheinlich stärker schwanken als die letzten Jahre, in denen die Volatilität (den Corona-Crash ausgenommen) rekordniedrig war. Überprüf Deinen Risikotyp, den Du hier gern einmal analysieren kannst. Kommst Du mit den Schwankungen klar? Ist Deine Aktienquote evtl. zu hoch? Hier findest Du Möglichkeiten, um Schwankungen aus Deinem Portfolio zu nehmen. Außerdem kannst Du mögliche Anlagequoten in Rohstoffe oder Gold leicht erhöhen, um Dein Portfolio weiter zu diversifizieren und Rücksetzer bei Aktien tendenziell auszugleichen.

Was Du in jedem Fall nicht tun solltest: Dein Geld auf der Suche nach der maximalen Rendite (oder dem maximalen Schutz) zwischen Sektoren und Assetklassen hin- und herzuschichten. Diese Aktivitäten bringen mehr Verluste in Dein Depot als die Inflation.

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